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Wir wissen, dass Katzen zum Gebären ungestört sein müssen...

Eine Parabel, veröffentlicht im Jahre 2002 von der britischen Hebamme Tricia Anderson:

 

„Wir wissen, dass Katzen zum Gebären ungestört sein müssen, an einem dunklen, einsamen Ort, vielleicht vorbereitet mit einem weichen Körbchen. Und alle, die Katzen kennen, wissen auch, dass man eine Katze beim Gebären oder ihr Neugeborenes nie stören darf, sonst hören die Wehen auf oder sie nimmt ihre Jungen nicht an.

 

Und jetzt stellen Sie sich vor, dass vor langer Zeit eine Gruppe von gut meinenden Wissenschaftlern sich vorgenommen hat, das Gebärverhalten von Katzen zu untersuchen.

 

Sie haben angefangen, Katzen beim Gebären zu beobachten: im hell erleuchteten, lauten, modernen Labor. Sie schlossen sie an viele Monitore und Sonden an, umgaben sie mit fremden Technikern, die ständig raus und rein gingen um alles zu dokumentieren.
Die Studien an den gebärenden Katzen in den hell erleuchteten Kabinen gingen über viele Jahre. Es zeigte sich, dass die Geburtsarbeit unkoordiniert wurde, länger dauerte oder mittendrin aufhörte. Die Katzen waren zunehmend gestresst, ihr Stöhnen und ihre Schreie waren schrecklich. Die Jungen hatten Sauerstoffnot, kamen deprimiert zur Welt und brauchten Reanimation.
Da kamen die Wissenschaftler zum Schluss: Es scheint, dass Katzen nicht gut gebären können.

 

Sie erfanden Maschinen um das Gebären zu verbessern und den Sauerstoffgehalt im Blut der Jungen zu überwachen; sie erfanden Schmerzmittel und Tranquilizer, Wehenmittel und Wehenhemmer und entwickelten Notfalloperationen.

 

In wissenschaftlichen Papieren berichteten die Wissenschaftler über die Schwierigkeiten der Katzen beim Gebären und gleichzeitig über ihre eigene hoch entwickelte, effiziente Geburtstechnologie. Die Medien streuten diese Erkenntnisse und bald brachten alle ihre Katzen zum Gebären ins Labor. Das muss für Katzen der sicherste Platz zum Gebären sein.

 

Jahre gingen ins Land, die Arbeit in den Labors nahm zu, immer neues Personal wurde eingestellt, langsam wurden die ersten alt und gingen in Ruhestand. Leider wusste die zweite Generation nicht mehr, dass das Ganze als Versuch begonnen hatte. Sie hatten noch nie erlebt, wie Katzen an einem einsamen Platz in einem weichen Körbchen ihre Jungen gebären. Wieso auch – was für eine gefährliche Idee! Sie waren absolut überzeugt, dass Katzen ohne die Hilfe von viel Technologie nicht gebären können. Sie dachten an die vielen wissenschaftlichen Ergebnisse, die sie in den letzten Jahren gesammelt hatten und waren sehr zufrieden mit sich selbst, ihrer klugen und guten Arbeit und den vielen Katzen und Jungen, die sie gerettet hatten.“

Ersetzen wir einfach das Wort "Katze" mal durch "Frau" und "Körbchen" durch "zuhause" oder "Geburtshaus" und schauen, wohin uns dann unsere Gedanken bringen...

Geburt in der Klinik

Genau das ist es, was auch bei uns Menschen passiert ist. Der technische, medizinische Fortschritt ist gut, aber er wird leider sehr oft falsch eingesetzt. Bei einer gesunden Mutter und einer ganz unauffällig verlaufenden Schwangerschaft wird trotzdem viel zu oft eingegriffen - sei es durch eine Einleitung, weil der errechnete Termin um 7 - 10 Tage überschritten wurde - daweil spricht man erst nach 14 Tagen von "Übertragen" und meine Hausgeburtshebamme, die sehr gewissenhaft arbeitet und ihre Frauen bei einer Hausgeburt oder Geburtshausgeburt durchaus auch ins Krankenhaus verlegt, wenn etwas nicht passt, wäre mit mir sogar ganze 21 Tage drüber gegangen.

Natürlich kann eine Einleitung auch tatsächlich medizinisch vollkommen sinnvoll sein, das streite ich garnicht ab z.b. bei Präeklampsie etc. - in vielen Fällen ist sie jedoch nur aus Personal- und Zeitmangel der Fall oder weil die Mediziner einfach verlernt haben, auf den Körper der Frau zu vertrauen und abzuwarten.

Die Einleitung führt oft zu einem schnellen Anstieg der Wehentätigkeit, die Frau kann sich nicht langsam daran gewöhnen und mit ihren Wellen wachsen, sie wird quasi ins tosende Meer gestürzt.

 

Dann kommt oft und gern die PDA zum Einsatz. In dem Kreissaal, den wir uns angeschaut hatten vor der ersten Geburt, wurde uns bei Erstgebärenden eine PDA-Rate von 98% gesagt. Meine Hebamme hingegen hat in ihrem Geburtshaus (mit Gynäkologe, der gleichzeitig auch Anästhesist ist und PDAs legen darf) eine Rate von nur 0,5% - von den damals 1000 Frauen, die seit der Eröffnung bei ihr geboren hatten, hatten nur 4-5 Frauen eine PDA. Auf meine Nachfrage, wie um Gottes Himmels Willen all die anderen Frauen die "schrecklichen Schmerzen" ertragen konnten, erklärte sie mir, dass es auf die Geburtsumgebung ankäme, wie stark man Schmerzen empfindet. Darauf dass man sich wohl fühlt, alle Zeit der Welt hat und einen niemand stört, dass man sich geborgen fühlt...Zu diesem Zeitpunkt konnte ich das noch nicht recht glauben...Sie versicherte mir aber, wenn es wirklich medinzisch notwendig sei, würde auch sie einer PDA zustimmen. So war ich beruhigt und entschied mich für ihr Geburtshaus, in dem ich später (ohne PDA) meine Emma zur Welt brachte. Ich hatte schon wirklich starke Schmerzen und eine lange Übergangsphase, weil ich sehr verkrampft war und wohl nicht loslassen konnte - im Krankenhaus hätte man mir wahrscheinlich längst zur PDA geraten.

 

Die PDA widerrum führt dann häufig dazu, dass die Frau nicht mehr so ein gutes Körpergefühl hat, sie spürt nicht recht, wohin sie mitschieben soll...Es kommt häufiger zu Geburtsverletzungen im Krankenhaus, dazu gibt es Studien.

 

Oft bekommt die Frau auch Wehenhemmer, ich habe davon auch schon nach einer Einleitung gelesen. Wenn ein Wehensturm entsteht und anschließend Wehenhemmer gegeben werden, damit die Frau sich entspannen kann oder nicht alles "zu schnell" geht, kennt sich der Körper und auch das Baby irgendwann nicht mehr aus. GEBURTSSTILLSTAND - der führt nicht selten zum Kaiserschnitt.

 

Das Ganze nennt sich dann "Interventionsspirale" und dazu gesellen sich oft noch Dinge wie ein Dammschnitt oder das sogenannte Kristellern und nach der Geburt Dinge wie Oxytocingabe und/oder Ziehen an der Nabelschnur für eine schnellere Plazentageburt, zu schnelles Abnabeln etc.

 

Wir alle kennen sie, die Erzählung von anderen Frauen: die Wehen haben begonnen, sie dachten es geht los, sie fuhren ins Krankenhaus und plötzlich waren die Wehen wieder vorbei - der sogenannte Fehlalarm ist aber oft nur die Folge davon, dass die Frau auf dem Weg zum Krankenhaus sowie beim Ankommen und Untersucht werden dort einen erhöhten Stresspegel hat, der zuhause noch nicht da war. So kann sich sogar der Muttermund, der ja ein Muskel ist, öffnen und bei Stress auch wieder schließen, sogar um mehrere Centimeter. Selbiges passiert auch gerne mal bei einem Schichtwechsel der zu betreuuenden Hebamme, wenn die Nächste einem nicht ganz so sympathisch ist oder schlecht gelaunt ist...

 

Gerade in deutschen Krankenhäusern herrscht Hebammenmangel, Personalmangel und Zeitmangel - dass da manch ein Mitarbeiter ein "brodelndes Fass" ist und die schlechte Laune und seinen Stress nicht an der Kreissaaltüre abstellen kann, mache ich noch nicht einmal zum Vorwurf.

Geburt im Geburtshaus

Im Gegensatz zu alldem stelle man sich nun ein Geburtshaus vor, in dem ein oder mehrere Hebammen arbeiten, die sich nicht an die Vorgaben irgendwelcher Chefärzte halten müssen oder an das Zeitmanagment. Die meist auch auf den Schichtwechsel pfeifen, weil sie mit Herzblut bei der Sache dabei sind und eine Geburt am liebsten von Anfang bis Ende begleiten möchten und es ihnen garnicht in den Sinn käme, sich vorher zu verabschieden. Weil sie auch nicht in einer Schicht 5 Geburten nebeneinander betreuen sondern eben nur die eine - weil in einem Geburtshaus natürlich auch viel weniger Geburten gleichzeitig stattfinden. Die Zimmer sind dort meist wunderschön und gemütlich eingerichtet. Das dient nicht nur den Müttern sich wohlzufühlen und sich zu entspannen (wie "außerklinische-Geburts"-Gegner gern mal behaupten, weil die Mütter ja so egoistisch sind und ihr eigenes Befinden über die otimale medizinische Versorgung des Babys stellen) das dient auch den ungeborenen Babys, eine sanfte, stressfreie Geburt miterleben zu dürfen - denn "es ist nicht egal, wie wir geboren werden" (Michel Odent)

 

Ich kann hier nur von meiner Geburt im Geburtshaus berichten: So stark auch meine Schmerzen waren, weil ich so verkrampft war und mir "Hypnobirthing" leider noch kein Begriff war, war ich doch selbst noch auf dem Stand "Geburt muss schmerzhaft sein, das gehört so!" - so wohl fühlte ich mich trotzdem dort und so froh war ich darum, jetzt nicht in einem Krankenhaus sein zu müssen, mit dem Geruch nach Krankheit und Sterilisationsmittel und den ganzen Weißkitteln...Ich wusste auch, wenn hier ein Eingriff in den Geburtsverlauf stattfindet durch die Hebamme, sei es den Muttermund zu kontrollieren, eine andere Position einnehmen, ein Dammschnitt oder eine Verlegung in die Klinik, dann geschieht dies wirklich rein aus medizinischer Notwendigkeit und nicht aus anderen Gründen, das war mir wichtig. Und auch, wie wir danach behandelt wurden, war wunderschön - wir hatten ein Zimmer, wie in einem Hotel, mit kleinem Bad, kleiner Kochnische und eigener Eingangstüre Wir waren dort nur einige Stunden, bis ich geduscht hatte und mein Mann unsere Emma an der dortigen Gemeinde gemeldet hatte. Aber wir wurden auf Händen getragen, die Hebammen waren unsere "Dienerinnen" und bevor wir dann nachhause fuhren, wurde meinem Mann noch gezeigt, wie er meinen Bauch massieren soll, und man spürte die Liebe und Freude über unsere Geburt in jedem Gespräch. Gerade für Stillen und Wochenfluss und die Vermeidung einer Wochenbettdepression ist es ganz wichtig, wie auch nach der Geburt mit der Frau umgegangen wird. Zickige, schlecht gelaunte Krankenschwestern auf der Wöchnerinnenstation sind da leider nicht förderlich.

Geburt zuhause

Und man stelle sich das eigene Zuhause vor, das eigene Nest, dort - wo man sich am Wohlsten fühlt.

Man ist hier daheim, man kennt sich aus, man ist "Gastgeber" (natürlich übernimmt das dann auch ein Stück weit der Partner oder eine andere geburtsbegleitende Person) - man bestimmt die Regeln.

Man kann sich vorher schon genau überlegen, in welchem Zimmer man gebären möchte, einen Geburtspool vorbereiten, sich alles zurecht legen, Kerzen aufstellen etc...Natürlich kann man eine Geburt nicht 100% planen, manchmal kommt alles anders als man denkt. Man wünscht sich eine Geburt im Wasser und fühlt sich dort plötzlich garnicht wohl...Aber man kann selbstbestimmt gebären und durch Geburtsaffirmationen die gewünschte Geburt auch ein Stückchen wahrer werden lassen.

Wenn man merkt "es geht langsam los", kann man noch ganz in Ruhe duschen oder baden gehen - man hat ja Zeit, man muss nicht schnellstmöglich in eine Klinik hetzen, solang man noch Stehen und Sitzen kann.

Man bestimmt, welche Personen dabei sein werden - der Partner, die beste Freundin, eine Doula und eine Hebamme, die man SELBST ausgewählt hat, nicht diejenige, die gerade Schicht hat. Und wenn man es möchte, bleibt die Hebamme eben auch in einem Nebenraum, bis man sie braucht.

Das alles gibt ein unwahrscheinlich beruhigendes Gefühl. Das war wohl auch mit unter der Grund, warum ich bei der zweiten Geburt von unserem Niklaus zuhause so wahnsinnig entspannt war. 1. Weil ich wusste, ich muss nicht ins Auto, ich muss es nirgendwohin "schaffen". Das Kind kann jederzeit kommen, auch sofort. 2. Meine Vorbereitung mit dem Hypnobirthing -Buch und der CD: ich hatte wohl irgendwie gelernt, mich selbst zu beruhigen, ja sogar ein Stück weit zu hypnotisieren...Und 3. durch die Gewissheit, dass auch meine kleine Tochter Emma, die ja gerade 16 Monate alt war, dabei sein konnte, solange sie es wollte und nicht weggeschickt werden musste, das war mir so wichtig. Und diese 3 Punkte haben letzenendes zu einer schmerzarmen, schnellen und wunderschönen Geburt geführt. Natürlich hätte es Komplikationen geben können, ich hatte an dem Tag kein Auge dafür, leider, aber mein Mann berichtete mir, dass Hebamme und ihre Sprechstundenhilfe ganz schön zu schleppen hatten an Gerätschaften und dass da auch ein paar Spritzen vorbereitet auf unserer Couch lagen für den Notfall...Es hätte auch passieren können, dass wir unter der Geburt doch in die Klinik fahren müssen. Das wusste ich - doch auch dann wäre ich froh gewesen, um die Zeit, die ich zuhause sein konnte bis dahin, um jede einzelne Minute. Und trotzdem kam mir unter der Geburt (wie auch schon bei der ersten) nie auch nur ein einziger Zweifel, denn alles fühlte sich soo richtig an.

 

Geburt ist ein Ausscheidungsvorgang

Es ist ein unromantischer, unerotischer Vergleich - aber Geburt ist ein Ausscheidungsvorgang, vergleichbar mit dem Stuhlgang und dazu hat die liebe Nina Winner bereits einen ganz tollen Artikel verfasst, den ich gern vorstellen möchte, weil er es so toll auf den Punkt bringt. Danke liebe Nina, dass ich dich hier kurz zitieren darf!

Sie schreibt: "Eigentlich können wir das alleine. Und eigentlich ist Kacken ja was ganz normales. Jeder kann es. Der Körper ist dafür gemacht. Und eigentlich reicht etwas atmen. Und eigentlich pulsiert die Muskulatur von alleine – man nennt das Ausscheidungsreflex."

An all die Frauen, die das alles schon wussten und TROTZDEM lieber in ein Krankenhaus gehen - ihr seid nicht gemeint. Ich möchte euch auch garnicht umstimmen oder verurteilen. Ihr wisst um all diese Vorgänge und Zusammenhänge und fühlt euch TROTZDEM im Krankenhaus wohler. Ihr wollt auch keine Geburt in euren 4 Wänden, das erscheint euch falsch. Ihr bereitet euch vielleicht auch im besten Falle trotzdem auf eine selbstbestimmte, natürliche Geburt im Krankenhaus vor, dann eben mit Geburtsplan. Alles super, Fühlt euch nicht angesprochen!Ihr macht das alles ganz wunderbar!Auch im Krankenhaus kann es so eine wunderschöne, selbstbestimmte geburt werden.

 

Aber ich möchte EUCH ansprechen, euch Frauen, die ihr noch keine Kinder habt. Die ihr gerade begonnen habt, eurem Kinderwunsch nachzugehen oder EUCH, die ihr gerade schwanger seid.

Und EUCH liebe Frauen, die ihr schon einmal ein Kind bekommen habt, im Krankenhaus, in der Annahme, dass man dort nun mal hingeht um ein Kind zu bekommen, dass Geburt schmerzhaft und fremdbestimmt sein muss und die ihr keine schönen Erinnerungen an die Geburt eures Kindes habt. Ihr habt das alles vorher nicht gewusst, man hat es euch nicht gesagt und ihr habt es vorher auch nirgends gelesen. Genau EUCH spreche ich an. JA es geht auch anders, JA es geht ganz natürlich und selbstbestimmt und JA, es geht schmerzarm bis schmerzfrei und JA es ist genau so sicher, wie die Geburt in einer Klinik!!!NEIN, ihr seid nicht egostisch, wenn ihr euch eine solche Geburt wünscht und NEIN, es ist nicht unverantwortlich.

Danke auch liebe Nicole für das schöne Foto eurer Mietzen!

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Kommentare: 2
  • #1

    Sylvia (Freitag, 30 Juni 2017 17:03)

    Bitte die Quelle zur Kartenfabel zitieren. Er stammt von der Vorsitzenden des hebammenverbandes!

  • #2

    Kathi von meinBauchzwerg (Sonntag, 02 Juli 2017 19:34)

    siehe Text 1. Zeile - hier nochmal:
    "Eine Parabel, veröffentlicht im Jahre 2002 von der britischen Hebamme Tricia Anderson:..."