Selbstbestimmte Schnullerentwöhnung

Emma ist knapp 3,5 Jahre alt - und hatte, bis vor einigen Tagen, noch ihren Diddi in der Nacht. Für Emma war der Schnuller schon immer sehr wichtig, es gab eine Zeit mit 14, 15 Monaten da lies es etwas nach und sie hatte ihn oft nur noch zum Schlafen und zum Mittagsschlaf. Dann wurde ihr kleiner Bruder geboren, eine große Umstellung und auch er hatte einen Schnuller, so rückte dieser wieder etwas mehr in den Vordergrund...Einige Monate später sind wir auch noch umgezogen und wieder veränderte sich Emmas Welt ein Stückchen und der Schnuller war auch tagsüber ganz wichtig. Sie war inzwischen fast 2 Jahre alt. Ein paar Monate später brauchte sie ihn immerhin wieder nur noch zum Schlafen.

 

Und die Stimmen wurden langsam lauter - die typischen Stimmen, ihr wisst schon was ich meine. "Habt ihr immer noch einen Schnuller?Weißt du schon, was das mit ihren Zähnen macht?Mein Kind braucht schon seit... keinen mehr/hatte nie einen...Mir wären die Zähne ja wichtiger als ihr Saugbedürfnis...Ihr könnt ja später einfach ne Zahnspange kaufen"

Diese Stimmen treiben einen in den Wahnsinn, sie lassen einen zweifeln und füttern das schlechte Gewissen...

 

Aber wir haben an unserer Überzeugung festgehalten, dass die Kinder sich ganz selbstbestimmt davon entwöhnen werden, so wie wir es auch beim Fläschchen halten. Ich habe nie gestillt, ich wollte es nicht und ich stehe dazu und so fand ich es noch wichtiger, meinen Babys ihr natürliches Saugbedürfnis nicht zu verwehren. Wenn ich Ihnen also einen Diddi angewöhne, statt meine Brust, dann kann ich nicht 1-2 Jahre später sagen "So mein Kind, jetzt gibst du den Diddi wieder her."  Oder ihn gar von Nikolaus/Zahnfee & Co. mitgehen lassen. Das finde ich eine ganz schlimme neumodische Sache, eine magische Figur vorschieben, damit sie den Konflikt für die Eltern beseitigt, sehr bequem...

 

Wir haben Emma also ihren Diddi gelassen und sie auch darin bestärkt, als eine "Kinderzahnärztin" meinte, sie müsse ihr ins Gewissen reden. Kein Wunder, dass sie bis heute kein einziges Mal einen Zahnarzt in ihren Mund schauen lassen hat( auch wenn wir es natürlich immer mal wieder probieren, werden wir sie auch hier zu nichts zwingen).

Wir waren schon sehr froh, dass sie ihn irgendwann nicht mehr zum Mittagsschlaf brauchte, sondern wirklich nur noch nachts. Irgendwann schlief sie sogar mal eine Nacht ohne Diddi, aber wirklich nur die eine...

 

Natürlich sind uns die Zähne unserer Kinder und überhaupt ihre körperliche Unversehrtheit wichtig. Natürlich wissen wir, dass ein Schnuller dafür nicht unbedingt förderlich ist, wenngleich auch noch lange nicht immer verantwortlich für Zahnfehlstellungen. Aber wir wissen auch dass Kinder die ganzen ersten Jahre, nicht nur als Neugeborene, ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Saugbedürnis haben. Und dass es für ihre psychische Gesundheit und Entwicklung unwahrscheinlich wichtig ist, diesem nachkommen zu können.

Dann doch bitte lieber mit einem Schnuller, als mit dem Daumen oder aber mit der Entwicklung späterer psychischer Probleme.

 

und so blieben wir geduldig, wir boten es zwar manchmal an, dass sie auch ohne Diddi schlafen könne und erklärten immer wieder, warum das für ihre Zähne besser sei - aber wir drängten sie nicht...

 

Die letzten Wochen vor Weihnachten erzählte sie uns immer öfter, fast täglich, dass sie heute abend ohne Diddi schlafen würde. Wenn der Abend dann gekommen war und man nachfragte, war das aber nicht mehr gewünscht. wenn der Diddi nachts aus ihrem Mund rutsche und sie ihn nicht wieder fand, war es stets ein Grund zum wach werden und man musste ihr den Diddi suchen. Aber die Woche nach Weihnachten schien es plötzlich, als würde sie sich ein Ultimatum setzen, wie ein süchtiger Raucher. Sie sagte:

 

"Papa, wenn die heiligen drei Könige da waren, noch bevor du wieder arbeiten musst, schlafe ich ohne Diddi!" - und doch brauchte sie auch am 6. Januar nach wie vor abends dringend den Schnuller...und am 7. ...und am 8. ...

am 9. Januar mistete ich zufällig die Küchenschränke aus, hier waren noch die alten, großen Diddis (weil ich ja mal gedacht hatte, man müsse den Empfehlungen folgen und immer die nächstgrößeren Diddis kaufen, daweil wächst eine Brustwarze auch nicht mit und sie bekam irgendwann wieder die kleinere Größe 0-6 Monate)

 

Emma wollte die entsorgen und hatte großen Spaß dabei, sie in den Mülleimer zu pfeffern.

"Die kleinen auch, Mama" - ich war ganz überrascht und erklärte ihr, dass das bedeutet, dass sie abends dann keinen zum Einschlafen hat, ob sie das wirklich will, ob sie das schafft? "Ja Mama, ich schaffe das, ich bin schon ein großes Mädchen"

Okay, dann also weg damit. und wie stolz sie war...Und ich habe mich auch mit ihr hingesetzt und ihr gesagt, dass ich super stolz bin und mich sehr freuen würde, wenn sie es schafft, ohne zu schlafen. Und dass ihre Zähne nun noch schöner werden, als sie es eh schon sind, weil sie so toll putzen lässt.

Mir war aber klar, dass es am Abend nicht so einfach sein würde...

Ich nahm mir vor, sie zu nichts zu drängen aber trotzdem gut zu zureden, denn ich glaube sie brauchte einfach dieses Erfolgserlebnis. Und genau so war es, nach dem Wickeln und Waschen meinte sie "Ich kann nicht ohne Diddi schlafen" und war ein bisschen traurig, als ich ihr sagte, dass sie die doch schon weggeworfen hatte. Sie wollte dann auch mit ins Große Bett zum kuscheln, und wir sahen uns nochmal das Foto (siehe oben) an, wie stolz sie da war. Dann wollte sie direkt in ihr Bett und schlief nach kurzer, unruhiger Kruschzeit ein.

Und am nächsten Morgen hatte sie endlich die Bestätigung - sie kann ohne Diddi schlafen

Nun sind bereits 5 Nächte vergangen und ich denke, wir sind wirklich Diddifrei.

 

Es war für uns Eltern auch eine Bestätigung, eine Belohnung dafür, dass wir geduldig geblieben sind, dass wir Vertrauen hatten. Wie auch beim Bitte und Danke sagen - das sie nie tun mussten sondern es nun einfach so tun, weil wir es ihnen vorleben. Wie auch schon beim Zähne putzen ohne Drang und Zwang, beim Baby led Weaning/Breifrei mit Nik und auch seiner Fläschchenentwöhnung. Nik hat schon unter einem Jahr keinen Diddi mehr gebraucht - dafür aber jetzt mit 2 Jahren immer noch sein Fläschchen abends, manchmal auch am frühen Morgen....Auch Emma trinkt ab und an noch ein Fläschchen und auch da vertrauen wir auf ein selbstbestimmtes Entwöhnen. Nik hat sich ganz lang nicht die Zähne putzen lassen...Und wir haben gewartet - irgendwann durften wir zumindest mal ab und zu einen Zahn putzen und es wurde immer besser, mittlerweile dürfen wir so gut wie jeden Abend sehr gut seine Zähne putzen...Wie weiß, wie das geendet hätte, wenn wir ihn festgehalten und gezwungen hätten.

 

Man muss einfach Vertrauen haben in die eigenen Kinder. Und Hoffnung, dass die Zähne sich noch verwachsen. Es kommt alles zur rechten Zeit...Und wir sind so stolz, dass Emma das selbst entschieden hat.

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Kommentare: 2
  • #1

    Marion (Sonntag, 14 Januar 2018 17:10)

    Ich hatte damals auch bis fast 4 Jahre nachts einen Schnuller und kann mich noch gut selbst erinnern, dass ich irgendwann von selbst gesagt hat, ich bin jetzt groß genug und ich lass den weg.
    Und zum Thema Zähne lass gesagt sein, dass ich damals eine der ganz wenigen war in der Klasse, die gar keine Zahnspange gebraucht hat... soviel dazu �

  • #2

    Bettina (Mittwoch, 06 Juni 2018 11:03)

    Selbst habe ich kein Kind. Aber ich hatte in der Vergangenheit die ersten 6 Lebensjahre das Aufwachsen der Kinder von Bekannten miterleben dürfen.
    Unter anderem meine eigene psychische Instabilität (narzistische Mutter) und das Umfeld das ich erleben durfte (mein Kind kann schon das und das und das macht man so und so..) haben mich dazu gebracht lieber kein Kind haben zu wollen.
    Das von Dir erzählte finde ich wunderschön und ich bewundere Dich und Deinen Partner dafür, dass Ihr diese Stärke habt es "anders" machen zu wollen und zu können.
    Als gelernte Zahnarzthelferin kam ich natürlich mal kurz ins Stutzen, denn schließlich lernt man ja, dass Schnuller eine Zahnfehlstellung verursachen. Aber schön wenn es anscheinend doch nicht so sein muß!
    Bei meinen Bekannten hatte ich es tatsächlich einmal miterlebt, dass das Kind nicht Zähne putzen wollte und schon zu weinen begonnen hatte. Darauf hin wurde sie mit den Armen der Mutter wie gefesselt und ihr die Zahnbürste gewaltvoll in den Mund gedrückt. Das ist für mich Misshandlung wie sie im Buche steht!! Aber ohne eigenes Kind hatte ich ja eh kein Recht meine Meinung kund zu tun..
    Ich wünsche Euch alles Gute und Liebe - vor allem reine Liebe - auf Eurem weiteren Lebensweg!